Seit 2016 werden die Energiebedarfe der Kommunen im Landkreis Ebersberg alle zwei Jahre in der Treibhausgasbilanz erfasst, getrennt für private Haushalte, Gewerbe/Industrie, kommunale Einrichtungen sowie Verkehr. Gelistet werden die unterschiedlichen Energieträger für den Strom- und Wärmebedarf sowie für den Gesamtenergiebedarf. Entsprechend wird der Anteil erneuerbaren Stroms, erneuerbarer Wärme sowie der Anteil erneuerbarer Energie an diesem erfassten Gesamtendenergieverbrauch dargestellt.
Die Anteile erneuerbarer Energie für Oberpframmern im Jahr 2020 liegen bei 17,6 Prozent (Strom), 13,9 Prozent (Wärme) und 13,0 Prozent (gesamt). Damit wird für die in der THG-Bilanz aufgeführten Energieverbräuche von Oberpframmern noch eine gewaltige Lücke bis zur 80-prozentigen oder gar vollständigen Deckung mit erneuerbaren Energien ausgewiesen - wohlbemerkt, Anteil am erfassten Endenergieverbrauch.
Der Bedarf an sauberen Energien geht jedoch weit über die Energiebedarfe, die in der Treibhausgasbilanz erfasst werden, hinaus.
Die THG-Bilanz ist eine sogenannte endenergiebasierte Territorialbilanz. Sie hilft Gemeinden, die langfristigen Tendenzen des Energieeinsatzes und der THG-Emissionen über Jahre hinweg aufzuzeigen [s. Methodenpapier_ifeu_Klimaschutzplaner]. Doch zum einen erfasst die THG-Bilanz keine Emissionen, die durch Ernährung und Konsum der Bürgerinnen und Bürger entstehen. Weiterhin sind Reisen, insbesondere Flugreisen, nicht einbezogen. Allein die THG-Belastung für diese Verursacher machen etwa 50 Prozent des CO2-Fußabdrucks einer Person aus und führt daher zu einer Verdoppelung des Wertes in der realen, persönlichen THG-Bilanz. Konkret heißt das: Ein Bürger aus Oberpframmern verursacht nicht, wie in der Bilanz von 2020 errechnet, 4,7 Tonnen CO2 pro Jahr, sondern liegt in etwa bei dem bundesdeutschen Durchschnitt von 10 bis 11 Tonnen pro Jahr.
Die Bilanz gibt weiterhin an, dass noch für 3.877.000 Euro Energie außerhalb der Gemeinde eingekauft wird. Den Mammutanteil daran machen Gas und Öl zum Heizen und Benzin und Diesel für Mobilität aus. Dem steht ein Wert von lediglich 223.000 Euro Wertschöpfung durch selbst erzeugte und genutzte erneuerbare Energie gegenüber.
Doch fossile Brennstoffe für Heizen und Mobilität müssen möglichst schnell und umfassend durch erneuerbare Energie ersetzt werden.
Das wird im Wesentlichen Strom sein: für Wärmepumpen zum Heizen und für Elektromobilität (zur Erläuterung: auch wasserstoffgetriebene Fahrzeuge sind Elektrofahrzeuge, sind jedoch deutlich weniger effizient als reine Elektroautos und benötigen ein Mehrfaches an Strom zur Produktion von grünem Wasserstoff). Wissenschaftler gehen davon aus, dass unter Nutzung aller Effizienz- und Einsparpotenziale die Substitution fossiler Brennstoffe zu einer Verdoppelung des Strombedarfs führen wird. Dieser Strom muss sauber produziert werden, mit dem aktualisierten Zwischenziel der Bundesregierung, bis 2030 80 Prozent des deutschen Strombedarfs durch erneuerbare Anlagen zu decken.
Die gute Nachricht: Wissenschaftler bestätigen, dass die Dekarbonisierung der Stromerzeugung, der eine Elektrifizierung nahezu aller Sektoren des Energiesystems folgt, die günstigste Lösung für ein nachhaltiges, klimafreundliches Energiesystem sein wird.
Die Errichtung und der Betrieb von Erneuerbare-Energie-Anlagen generiert Wertschöpfung vor Ort. Kommunen profitieren von den positiven wirtschaftlichen Effekten, die mit der Nutzung von erneuerbaren Energien in der Region verbunden sind. Dazu gehören z.B. Beschäftigungseffekte und damit verbundene Einkommen, Unternehmensgewinne sowie kommunale Steuereinnahmen.
Was bedeutet das nun für den zukünftigen Bedarf an sauberer Energie für Oberpframmern und darüber hinaus? Wie können wir dazu beitragen, dass die Landes-, Bundes- und Europaziele für wirkungsvollen Klimaschutz erreicht werden?
Zuerst einmal: Nicht der in der THG-Bilanz aufgeführte Energiebedarf ist maßgeblich, sondern der tatsächliche Bedarf an erneuerbarer Energie unter Berücksichtigung einer vollständigen Dekarbonisierung – Stichwort: Sektorenkopplung. Dabei muss nicht nur der Energiebedarf vor Ort mitgedacht werden, sondern alle Bereiche abgedeckt werden: Von der Ernährung über Konsum bis zum Transport und Reisen, für industrielle Prozesse, für Speicherprozesse einschließlich der damit verbundenen Verluste und schließlich auch der Aspekt „Land für Stadt“. Denn während Stadtregionen viele gesellschaftliche Aufgaben für das Land übernehmen, stellen ländliche Regionen im Gegenzug die Flächen für zum Beispiel Nahrungsmittelproduktion - und eben auch den Flächenbedarf für EE-Anlagen.
Für die Potenziale, die für den Ausbau erneuerbarer Energien bestehen – allen voran für Sonnen- und Windenergieanlagen -, heißt das:
Keine Potenziale verschenken!
Alle potenziellen Standorte, die für die Errichtung von EE-Anlagen im Rahmen möglicher Projekte untersucht werden, werden in einem umfassenden Genehmigungsprozess auf ihre Eignung geprüft. Dabei wird der ein oder andere Standort aufgrund naturschutzrechtlicher oder anderer Belange nicht weiterverfolgt werden können. Doch potenzielle Standorte mit guten wirtschaftlichen Voraussetzungen dürfen nicht aufgrund ängstlicher Befürchtungen aus einer Zeit, in der das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines schnellen EE-Ausbaus noch nicht gegeben war, ausgeschlossen werden.
Das Bayerische Klimaschutzgesetz und die Verantwortung der Kommunen
Im Bayerischen Klimaschutzgesetz (BayKlimaG), das am 1.1.2021 in Kraft getreten ist und zum 1.1.2023 novelliert wurde, werden die Kommunen mehrfach im Zusammenhang mit Zielsetzungen zur Klimaneutralität angesprochen. In den Artikeln 2, 3 und 5 werden die Kommunen aufgefordert, die Zielsetzungen des Gesetzes zu unterstützen, bzw. diese für ihren Zuständigkeitsbereich zu übernehmen.
Art. 2 Minderungsziele
(1) (...)
(2) Spätestens bis zum Jahr 2040 soll Bayern klimaneutral sein. (Fassung von 2021: 2050, Novelle vom 1.1.2023: 2040)
(3) Jeder soll nach seinen Möglichkeiten zur Verwirklichung der Minderungsziele beitragen. Die staatlichen Behörden unterstützen die Verwirklichung der Minderungsziele im Rahmen ihrer hoheitlichen Tätigkeit.
(4) (…)
(5) (…) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit.
Art. 3: Vorbildfunktion des Staates
(1) Die Behörden und Einrichtungen der unmittelbaren Staatsverwaltung des Freistaates Bayern nehmen Vorbildfunktion beim Klimaschutz wahr, insbesondere bei der Energieeinsparung, der effizienten Bereitstellung, Umwandlung, Nutzung und Speicherung von Energie, der Nutzung erneuerbarer Energien und ihren Beschaffungen mit dem Ziel, bis zum Jahr 2028 eine klimaneutrale Verwaltung zu erreichen.
(2) (...), (3) (…)
(4) Die staatlichen Erziehungs- und Bildungsträger sollen über Ursachen und Bedeutung des Klimawandels sowie die Aufgaben des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel aufklären und das Bewusstsein für die Mitwirkung des Einzelnen fördern.
(5) (…)
(6) Im eigenen Wirkungskreis können die Gemeinden, Landkreise und Bezirke im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien errichten und betreiben. Sie sind dabei nicht an die Deckung des voraussichtlichen Bedarfs in ihren jeweiligen Gebieten gebunden. Die Aufgabe der Gemeinden, die Bevölkerung mit Energie zu versorgen, bleibt unberührt.
Art. 5: Klimaschutzprogramm und Anpassungsstrategie
(1) (...)
(2) Den kommunalen Gebietskörperschaften wird empfohlen, in Übereinstimmung mit den Programmen nach Abs. 1 ergänzende örtliche Klimaschutzprogramme und Anpassungsstrategien aufzustellen und die darin vorgesehenen Maßnahmen umzusetzen.
Kommunen kommt eine wichtige Rolle bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen zu
Kommunalpolitiker, die ihr Amt bei uns überwiegend ehrenamtlich ausüben, haben damit eine hohe Verantwortung für die Umsetzung und damit das Erreichen der Klimaschutzziele auf Landes-, Bundes- und Europaebene. Es gilt, alles dafür zu tun, um das Klimaschutzgesetz von Paris zu erfüllen und die Erderwärmung auf ein Niveau zu begrenzen, das allen Menschen auf unserem Planeten ein Überleben ermöglicht und auch uns in unserer Region lebenswerte und sichere Bedingungen bewahrt.
Gesetzliche Ziele auch gegen möglichen Widerstand und trotz Beharrungskräften vor Ort verfolgen
Die Wichtigkeit und Tragweite der Entscheidungen der kommunalen Volksvertreter für den Klimaschutz geht weit über die Gemeindegrenzen und zeitlich weit über eine Legislaturperiode hinaus. Ihnen muss bewusst sein, dass die Klimaschutzziele nur mit Mut und Entschlossenheit erreicht werden können. Dazu gehört, trotz möglichem Widerstand und Beharrungskräften vor Ort die gesetzlichen Ziele zu verfolgen und die gesellschaftlich notwendigen Maßnahmen konsequent umzusetzen.
Beispielsweise haben Kommunalpolitiker die Entscheidung in der Hand, ob Neubaugebiete mit fossilen Energieträgern versorgt werden oder ob ein Wärmenetz, gespeist durch erneuerbare Energien, gebaut wird. Kommunale Gremien entscheiden, ob die kommunalen Liegenschaften saniert werden und nur die energetischen Minimalanforderungen eingehalten werden oder ob Plusenergiestandard erreicht wird. Dies sind meist Entscheidungen für Jahrzehnte.
Im Sinne zukünftiger Generationen ist zu hoffen, dass allen kommunalen Volksvertretern die Wichtigkeit und Tragweite ihrer Entscheidungen für den Klimaschutz bewusst ist und sie nicht zaudern und zagen, sondern mutig und entschlossen die Weichen für eine saubere Energiezukunft stellen!
Oberpframmern hat leider keine Chance auf Tiefengeothermie (eine Riesenchance für Vaterstetten/Zorneding), und als Rodungsinsel nur sehr begrenzte Möglichkeiten für Freiflächen-Solaranlagen.
Unser Trumpf sind die Windenergiepotenziale. Damit kann Oberpframmern zum Energiewende-Champion werden!